Preis: 16,90€ [D, Taschenbuch] & 21,90 [D, Hardcover]
Seitenanzahl: 560 Seiten [Taschenbuch]
Meine Wertung: 5/5
Verlag: Gedankenreich
erschienen am: 15.03.2018
ISBN: 978-3-947147-47-2

Kurzbeschreibung

In der perfekten Welt sind alle Menschen durch das Cybernet emotional miteinander verbunden. Kriege gehören der Vergangenheit an, Verbrechen gibt es kaum noch, die Menschheit erlebt Glück und Wohlstand in nie gekanntem Ausmaß.

Hier, in der wolkenhohen Metropole Skyscrape, lebt Erinnerungskonstrukteur Leon, der mit seiner Arbeit anderen hilft, negative und möglicherweise traumatisierende Erlebnisse in positive Erinnerungen zu verwandeln.

Leons Karriere, wie auch sein Privatleben scheinen auf dem Höhepunkt, als er unerwartet in Ungnade fällt und mit einem Schlag alles verliert. Er wird in die „Unterstadt“ verbannt, eine archaische Welt voller Leid und Gewalt, in der er abgeschnitten vom Cybernet nun ums Überleben kämpfen muss.

 

 

Cover

© by Gedankenreich Verlag

Im Hintergrund, in Grün- und Blautönen gehalten, erkennt man gerade so die Silhouette einer städtischen Umgebung. Davor, im Zentrum, sieht man ein metallisches Wesen, das sich zu einer Pflanze herabbeugt.
Das Wesen wirkt auf den ersten Blick wie ein Roboter und doch erscheint es sehr menschlich. Ein helles, rötliches Licht wird von einem Punkt im Hintergrund ausgestrahlt und trifft das Wesen scheinbar zufällig an genau der Stelle, wo sich beim Menschen das Herz befindet. In futuristischen, jedoch sehr eleganten Großbuchstaben ergänzt der Titel die Gesamtdarstellung.

Ich interessiere mich üblicherweise nicht für Cover, aber dieses weckt auf den ersten Blick meine Aufmerksamkeit und ich kann es lange betrachten. Es spiegelt meiner Meinung nach gut die Stimmung des Inhalts wider und hinterlässt bei mir das gleiche Gefühl wie der Roman selbst. Gefällt mir sehr.

 

 

Schreibstil

Bedingt durch das Cybernet spielen Emotionen für die Figuren des Romans eine große Rolle. Fast hätte mich das ein wenig abgeschreckt, da ich Gefühlsduselei nicht mag. Aber glücklicherweise ist es Autor E.F. v. Hainwald hervorragend gelungen, die Gefühle seiner Figuren deutlich aber schnörkellos darzustellen. Dieser Stil zieht sich durch den ganzen Roman; ich hatte immer den Eindruck, die Dinge werden genau so dargestellt wie sie sind, direkt, ohne überflüssige blumige oder ausweichende Formulierungen.

Die Figuren, insbesondere Protagonist Leon, sind detailliert und glaubhaft dargestellt. Ihre Verhaltensweisen sind nachvollziehbar, was umso erstaunlicher ist, da es sich doch um eher außergewöhnliche Personen handelt. Obwohl man schnell einen Bezug zu den wichtigsten Figuren herstellen kann, das Gefühl entwickelt sie zu kennen, bleiben sie doch undurchschaubar genug um die Spannung zu erhalten.

Skyscrape, Ober- wie Unterstadt sind ebenso detailliert dargestellt, so dass alles gut vorstellbar wird. Auch bei den Bewohnern der Stadt wurde nicht mit außergewöhnlichen Charakteristika gegeizt, so dass die gesamte Welt vielfältig und interessant wirkt.

 

 

Meinung

Da es sich bei Cyberempathy um eine Dystopie handelt und ich dem Genre sehr zugetan bin, war ich von Beginn an recht kritisch. Offengestanden habe ich allenfalls oberflächliche, angenehme Unterhaltung erwartet.
Umso überraschter war ich, als es doch recht schnell ans Eingemachte ging und ich von Szenen überrumpelt wurde, die tatsächlich unter die Haut gehen.

Der Roman bietet nicht nur eine futuristische Umgebung und eine spannende Geschichte darin, sondern genau das, was ich von einem dystopischen Roman erwarte: Kritische Betrachtung unangenehmer Themen mit Bezug zur Realität. Schleichend lernt man die Figuren und ihre Lebensbedingungen kennen und merkt gar nicht wie man sich daran gewöhnt, die Dinge als gegeben hinzunehmen. Und plötzlich offenbart der Autor eine andere Perspektive, verschiebt nur ein klein wenig den Blickwinkel, und schon sieht alles ganz anders aus.

Dabei weicht er keinem Dilemma und keiner noch so beschämenden Gefühlsregung aus. Als Leser hat man schnell das Gefühl da „irgendwie mit drin zu stecken“, Beobachter von moralisch zweifelhaften aber auch viel zu privaten Szenen zu werden. Durch die detaillierte Innensicht fühlt man sich der Hauptfigur schnell verbunden, da die übrigen Figuren aber auch immer mehr von sich preisgeben, wird die Intensität des Erlebens beim Lesen immer stärker.

Die Beziehungen der Figuren untereinander darzustellen ist dem Autor meiner Meinung nach besonders gut gelungen. Es finden sich keine schwarz-weiß Situationen, keine klaren Stempel die den Figuren aufgedrückt werden, sondern lebensnahe Verbindungen zwischen Menschen in all ihrer Kompliziertheit. Das ist beim Lesen gleichzeitig anstrengend und wunderschön.

Inhaltlich wurde ich häufig überrascht, so dass ich während des Lesens kaum ein Schema erkennen konnte. Ich hatte zwar eine ungefähre Vorstellung, wo der Roman hinführen könnte, aber die Art und Weise war für mich gänzlich undurchschaubar. Das hat mir wirklich gut gefallen!

Der bereits erwähnte schnörkellose Schreibstil hat mich ebenfalls sehr angesprochen. Ich schätze normalerweise blumige Formulierungen und ausufernde Metaphern, aber bei Cyberempathy hatte ich immer das Gefühl, dass jede Formulierung nur genau so weit „dekoriert“ wurde wie es notwendig war um die Sache auf den Punkt zu bringen. Was nicht heißt, dass an schönen und bildhaften Formulierungen gespart wurde, es wurde nur eben nicht damit übertrieben. Der Roman hat mich durchweg begeistert und mich sogar ein paar Stunden Schlaf gekostet, was wirklich selten ist 🙂

 

 

Fazit

Außergewöhnliche Dystopie mit hohem Unterhaltungswert und tiefgreifendem Sinn!

 

Bewertet von Monja S.

5 von 5 Sternen

 

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