Preis: 12,95€ [D, Taschenbuch]
Seitenanzahl: 270
Meine Wertung: 5/5
erschienen am: 11.11.2016
ISBN: 978-3-15-020466-5
Warum dieses Buch?
Ich
praktiziere seit einiger Zeit Yoga und interessiere mich nebst
Muskelaufbau und Verbesserung der Beweglichkeit auch ein wenig für die
philosophisch-spirituellen Aspekte.
Yoga kann man natürlich als reinen
Sport betreiben, aber es kann eben auch noch viel mehr sein. Ich habe
schon ein bisschen darüber gelesen, beispielsweise Schriften von B.K.S
Iyengar und habe mich jetzt mal an DAS Standardwerk des Yoga
herangewagt. Patañjali, ein indischer Gelehrter, der vermutlich zwischen
dem 2. und 4. Jahrhundert vor Christus lebte, wird häufig als Begründer
der Yoga-Philosophie angesehen. Sein Yogasutra ist ein Leitfaden, der
den Übenden auf dem Weg zum “Samadhi” (“Versenkung”, oft auch als
“Erleuchtung” bezeichnet) begleitet.
Der erste Blick
Originalgetreu
ist das Buch in 4 Abschnitte gegliedert: Die tiefe Versenkung, Die
spirituelle Übung, Die psychischen Kräfte und Die vollkommene
Unabhängigkeit, die jeweils um die 50 Verse beinhalten.
Jedes
“Kapitelchen” wird eingeleitet durch einen Vers in Sanskrit, der
Transkription in unser Schriftsystem und einer knappen Übersetzung.
Darauf folgt eine Erklärung, die etwa eine bis zwei Seiten umfasst.
Im
Anhang finden sich eine ausführliche und thematisch geordnete
Literaturliste, Hinweise zur Aussprache, die Grundprinzipien des
klassischen Samkhya (eine alte und bedeutende Strömung der indischen
Philosophie), ein Nachwort und ein Verzeichnis der Sanskrit-Wörter mit
allen zugehörigen Seiten bzw. Kapiteln.
Alles sehr übersichtlich gestaltet, was mir schon mal gut gefällt.
Schreibstil
Wenn
eine komplexe Thematik detailliert erörtert wird, bleibt es natürlich
nicht aus, dass der Schreibstil anspruchsvoll und sehr wissenschaftlich
wirkt. Bisweilen kämpft der Leser mit langen und unübersichtlichen
Sätzen, sowie Fachbegriffen der Linguistik. Gute Kenntnisse der
deutschen Sprache sind unbedingt erforderlich um die Erklärungen zu den
Übersetzungen zu verstehen, auch Fremdsprachenkenntnisse schaden nicht,
allein um die Verschiedenartigkeit von Sprachen erfassen zu können.
Dafür erhält man einen kleinen Einblick in das komplexe Sprachsystem des
Sanskrit und auch in die Arbeitsweise des Übersetzers Reinhard Palm,
der immer wieder erläutert, warum er eine bestimmte Übersetzung gewählt
hat und keine andere. So bleiben die Übersetzungen nachvollziehbar und
die Zusammenhänge zwischen den einzelnen Versen werden ersichtlich. Ich
finde das sehr spannend, da ich mich generell für Sprachen interessiere
und Sanskrit mir bisher völlig fremd war.
Meinung
“Der
Yogaleitfaden des Patañjali” ist keine Gutenachtlektüre und lässt sich
auch nicht “mal schnell durchlesen”. Es benötigt Zeit und Konzentration,
um möglichst viel “mitnehmen” zu können und trotzdem glaube ich, es
handelt sich um ein Werk, das man mit einmal Durchlesen nicht
vollständig erfassen kann. Ich stehe noch relativ am Beginn meiner
Yogapraxis und vieles, was Patañjali schreibt habe ich zwar schon mal
gehört, aber längst nicht verinnerlicht. Und natürlich ist nicht jeder
Ratschlag für jeden Menschen geeignet, auch wenn er von einem weisen
Lehrer stammt. Das Buch verstehe ich also weder als Lesebuch noch als
Ratgeber, ich halte es vielmehr für einen Begleiter, der den Lernenden
auf seiner Yoga-Reise ermutigen und beraten kann.
Wie
bereits erwähnt, kommen auch Sanskrit-Interessierte auf ihre Kosten;
Wer sich nicht mit den detaillierten Hinweisen zu Übersetzung bzw.
Wortwahl befassen will, kann sich natürlich auch auf das Lesen der
übersetzten Verse beschränken. Mich persönlich interessiert das alles
und ich bin begeistert von den akribischen Erklärungen zu Inhalt und
Übersetzung. Da immer Zusammenhänge zu früheren “Kapiteln” hergestellt
werden, ist es trotz des hohen Informationsgehalts möglich, die
wesentlichen Aussagen des Textes vor Augen zu behalten. Bei all den
Details vergisst man nicht, worum es eigentlich geht.
Fazit
Spannend für alle Yoga Begeisterten mit Interesse an der Philosophie hinter den Asanas!