Das Land Kant – Joldur und die sieben Schlangen (Jochen Gerbershagen)
Genre: Jugendbuch, High Fantasy
Altersempfehlung: All Age (ab 11)
Verlag: Fabulus Verlag
Seitenanzahl: 247 Seiten
Preis: 16 € [D, Hardcover] & 12,99 € [ebook]
ISBN: 978-3-944788-64-7
erschienen: Oktober 2018
Meine Wertung: 2/5
Dieses Buch habe ich zusammen mit Anja von Books&Phobia gelesen. Schaut mal am Ende, was sie dazu zu sagen hat!
Kurzmeinung
Auf den vielversprechenden Einstieg folgt eine rasante Talfahrt. Logiklücken und Widersprüche stören mein Verständnis, die Handlung überzeugt mich einfach nicht. Trotz außergewöhnlicher Optik und recht ordentlichem Schreibstil war das Buch für mich ein Fehlgriff.
Darum geht’s
Das
Land Kant ist seit einem Krieg vor langer Zeit verflucht und
deshalb in zwei Teile gespalten: das Reich der Draufkanter auf der
Oberfläche und die unterirdische Welt der Drumkanter, die
sich ihr Territorium mit den feindseligen Höhlenwocklern teilen
müssen. Joldur, ein junger Draufkanter wurde von einer uralten
Prophezeiung auserwählt, die verschlossenen Eingänge zum
Reich der Drumkanter wieder zu öffnen. Dabei helfen soll ihm Ximdi,
eine Drumkanterin, die ebenfalls von einer Prophezeiung auserwählt
wurde, Joldurs Begleiterin zu sein.
Der erste Blick
Das
Hardcover Buch ist unglaublich schön und liebevoll gestaltet! Der
Buchschnitt hat ein schwarzweißes Schuppenmuster, die
Schlange auf dem Cover wirkt nicht nur plastisch sondern ist
tatsächlich geprägt. Im Innern findet sich ein Lesebändchen,
das Papier ist von exzellenter Qualität, griffig und reißfest. Im
Buchdeckel vorne und hinten gibt es eine charmante (aber leider nicht
hilfreiche) Karte, die nach einer handgefertigten Skizze
aussieht. Am Ende des Buchs befindet sich auch ein Glossar,
das die wichtigsten Namen und Begriffe auflistet.
Die
Geschichte wird in drei Handlungssträngen in der dritten Person von
einem allwissenden Erzähler präsentiert.
Meine Meinung
Die
ersten Seiten der Geschichte konnten mich begeistern. Das Land Kant,
zumindest die Oberfläche wirkte interessant, der Protagonist Joldur
schien vielversprechend und es ging recht schnell um die
angekündigte Prophezeiung und Joldurs Funktion als Auserwählter.
Auch die titelgebenden Schlangen wurden bald vorgestellt, so dass ich
das Gefühl hatte, schnell bereit zu sein für das „Abenteuer“.
Doch
um Seite 40 herum bemerkte ich bereits erste unlogische
Situationen, von denen ich anfangs noch glaubte, sie würden sich
im weiteren Verlauf aufklären. Das war leider nicht der Fall. Im
Gegenteil: Es kamen immer mehr Logiklücken und deutliche
Widersprüche zu den Anfängen der Geschichte hinzu. Die Karte zu
Hilfe zu nehmen, führte bei mir zu noch mehr Verwirrung, da sie
offenbar weder genau noch maßstabsgetreu ist und sich Entfernungen
im Lauf des Buchs zu verändern scheinen.
Die
Figuren sind meinem Geschmack nach nur unzureichend
beschrieben, es ist zB bekannt, dass die Drumkanterinnen vier Arme
haben und dass ihre Königin doppelt so groß ist wie andere, aber
das war auch schon alles an Information. Wie die übrigen beiden
Rassen aussehen und um welche Wesen es sich überhaupt handelt, blieb
unklar. Die drei Hauptpersonen verfügen allerdings über
unterscheidbare Charaktereigenschaften, wenn auch optische Merkmale
kaum erwähnt werden.
Bildlich
vorstellen konnte ich mir einige Merkmale des Draufkanter Reichs
an der Oberfläche und Szenen die dort spielten. Bei den Höhlen der
Drumkanter und Höhlenwockler, sowie bei allen Figuren ist mir das
gar nicht gelungen.
Zudem
konnte die Handlung mich schon nach kurzer Zeit nicht mehr
fesseln, da sie meinem Empfinden nach nicht richtig in Gang kam. Ich
hatte unendlich viele Fragen, z.B. was genau Joldurs genaue
Aufgabe sein würde und welchen Zweck Ximdi als seine Begleiterin
erfüllen sollte. Ich hatte die ganze Zeit über das Gefühl, Figuren
auf einem Spielfeld zu beobachten, die wild umherlaufen weil sie
nicht wissen, was sie tun sollen. Einige Hinweise im Text bestätigen
diesen Eindruck, denn bis kurz vor Schluss wissen die Figuren
tatsächlich nichts über ihre Aufgaben. Leider wirkt es aber so, als
wisse auch der Autor nicht Bescheid, so dass statt Spannung nur
Langeweile bei mir aufkommt.
Viele
Dinge werden vom Autor leider gar nicht erklärt, sondern nur
als Tatsachen präsentiert, was mich sehr gestört hat. Die
vorhandenen Erklärungen beruhen meist auf uralten Prophezeiungen –
nicht einer einzigen Prophezeiung, wie ich zunächst annahm, sondern
unzähligen (zu vielen) davon. Ein Urheber der Prophezeiung, z.B.
ein göttliches Wesen oder ähnliches wird nie genannt, ebenso wenig
wie der genaue Sachverhalt des immer wieder erwähnten Fluchs. Bis
zum Ende war mir nicht klar, was der Fluch eigentlich macht und vor
allem, wer ihn ausgesprochen bzw. gewirkt hat.
Vieles
wirkt für mich an den Haaren herbeigezogen. Ein Beispiel:
Wachen, die einfach in Ohnmacht fallen, damit sie die Szene nicht
stören, überzeugen mich überhaupt nicht.
Der
dritte Handlungsstrang um Höhlenwockler Krassnack, der mir noch am
ehesten zusagte, scheint keine Bedeutung für den Rest der Handlung
zu haben, was mich permanent irritierte.
Und
dann hörte das Buch einfach auf. In der kurzen Information zum
Autor erfuhr ich anschließend, dass es sich um den ersten Teil einer
„Saga“ handelt, die allerdings noch nicht erschienen ist. Das
wusste ich vorher nicht.
Ich
gebe nur ungern so schlechte Bewertungen ab, vor allem wenn ich einem
Teil der Grundidee (hier: Ansätze des Worldbuildings, vor allem die
überirdischen Bereiche des Landes) etwas abgewinnen kann und auch
der Meinung bin, der Autor verfügt über ein gewisses Talent. Bei
„Das Land Kant“ entstand bei mir aber der Eindruck, die gesamte
Handlung sei frei erzählt worden, ohne Struktur und
Strategie, so dass ich den Roman als chaotisches, unfertiges Werk
empfand. Positiv fiel mir lediglich auf, dass fast keine
Rechtschreib- und Grammatikfehler enthalten sind und die sprachliche
Qualität des Buchs einwandfrei ist.
Ich
hätte das Buch am Liebsten abgebrochen, hoffte allerdings bis zum
Schluss, noch etwas Gutes daran zu finden, das der atemberaubenden
Gestaltung gerecht wird. Das ist mir leider nicht gelungen, so dass
das Lesen insgesamt eine ziemlich enttäuschende Erfahrung war.
Anja von Books&Phobia, mit der ich das Buch
gemeinsam gelesen und diskutiert habe, schreibt dazu:
„Statt einer packenden Geschichte bekam zumindest ich eine etwas verwirrende und teils auch frustrierende Erzählung. Ich konnte mich einfach nicht in die Welt einlesen und die Charaktere als etwas Besonderes empfinden. Schade, denn die Ansätze waren da, nur die Umsetzung wirkte auf mich viel zu wahllos und nicht richtig durchdacht. “
Hier findet ihr ihre Rezension.
Fazit
- + Zauberhafte Gestaltung des Hardcovers
- + sprachlich und rechtschreiblich sehr gut
- + Kernidee des Worldbuilding ansprechend
- – Struktur fehlt, Handlung kommt nicht in Gang
- – unbeantwortete Fragen, Logiklücken und Widersprüche
- – abruptes Ende (Teil eins einer „Saga“)
Weitere
Informationen
Das Buch auf der Seite des Fabulus Verlags